Ein Artikel von Pascal Tschörtner, bpa-Geschäftsführer und Geschäftsbereichsleiter stationäre Versorgung.
Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur, auf eine klimaneutrale Energieversorgung oder die Verringerung der CO₂-Bilanz zu achten – sie zeigt sich auch im Schutz besonders verletzlicher Gruppen. Hitzeschutz in Pflegeeinrichtungen, besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe oder Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe ist daher kein Nebenaspekt, sondern ein wesentlicher Teil einer nachhaltigen sozialen Infrastruktur. Gerade ältere pflegebedürftige Menschen leiden besonders unter extremer Hitze: Viele nehmen Hitze schlechter wahr, trinken zu wenig oder können sich nicht mehr eigenständig kühlen. Die Folgen reichen von Unwohlsein und Erschöpfung bis hin zu ernsten gesundheitlichen Gefahren. Der Schutz vor Hitze ist deshalb integraler Bestandteil nachhaltiger Versorgung.
Die bpa-Mitgliedseinrichtungen nehmen diese Verantwortung bereits heute ernst. Sie sorgen mit durchdachten Tagesstrukturen, angepasster Ernährung, Ventilation und sensibler Beobachtung für den Schutz ihrer Bewohnerinnen und Bewohner. Die Hitzeaktionstage in den Bundesländern machen sichtbar, wie viele gute Praxisbeispiele es gibt. Die bundeseinheitliche Empfehlung zum Einsatz von Hitzeschutzplänen des Qualitätsausschusses Pflege bietet zusätzliche Orientierung für schnell umsetzbare Maßnahmen.
Doch das allein reicht nicht. Denn der wirksamste Schutz vor Hitze beginnt beim Gebäude: durch Verschattung, kluge Raumkonzepte, Hitzeschutzverglasung oder bauliche Umgestaltung von Außenbereichen. Hier braucht es Investitionen – doch bislang bleiben die Träger auf sich allein gestellt. Das Klimaanpassungsförderprogramm des Bundes schließt private Anbieter bisher weitestgehend aus. Und auch wenn die neue Bundesregierung die Geldtaschen geöffnet hat, fehlen bisher die Signale, diese Gerechtigkeitslücke zu schließen. So bleibt die Hälfte des Marktes und somit auch die Hälfte der versorgten Personen außen vor. Das ist nicht nur mit gesundheitlichen Risiken verbunden – im Übrigen auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch ungerecht.
Der bpa fordert seit Langem: Investitionen in Schutz und Nachhaltigkeit müssen allen offenstehen. Eine einseitige Förderung gemeinnütziger Träger widerspricht dem Prinzip der Trägerneutralität. Wer flächendeckende Versorgung sichern will, darf private Anbieter nicht benachteiligen.
Hitzeschutz ist kein „Nice to have“, wenn alles andere schon erreicht ist, sondern sollte eine Selbstverständlichkeit sein, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Doch echte Wirkung wird nur entfaltet, wenn es auch strukturelle Unterstützung gibt. Die Politik ist gefordert, jetzt für faire Rahmenbedingungen zu sorgen. Soziale Einrichtungen müssen sichere Orte bleiben, ob privat oder gemeinnützig – auch bei 35 Grad.
Portraitfoto: © Meike Kenn